Die Schlacht am kalten Buffet

Die Schlacht am kalten Buffet

Ja und wie fast alles, habe ich meine Zeit bei der Traum GmbH schwarz auf weiß verarbeitet. Ich schildere in dem Text, aus dem der folgende Auszug stammt, meine Arbeitsstätte aus der Sicht eines Krieges – nicht weil ich dort so eine schreckliche Zeit hatte – im Gegenteil, ich hatte dort eine sehr angenehme Zeit und sehr -, sondern weil ich Menschen gesehen habe, die bei dem Anblick von Essen zu Tieren wurden.

[…]

Und dann – der trügerische Schein der Idylle trügt einen wie die Ruhe vor dem Sturm – erschallt das Kommando des Diensthabenden Restaurantoffiziers, die Tore öffnen sich und die erste Gästewelle schwappt mit einem verheißungsvollen Murmeln über das gesamte Kampfgebiet. Erst langsam, dann immer energischer, drängen sich die hungrigen Menschen rund um das lange kalte Buffet und – ihr glaubt es kaum – sie nehmen mit funkelnden Augen die Bratstation ins Visier.
An meiner gesamten Front regen sich die ersten Reaktionen: Meine Kameradin eilt wie ein Düsenjet von Küche zum langen Tisch, um möglichst schnell die ramponierten Platten und Schüsseln wieder in Schuss zu bringen. Die Serviceinfanterie strömt wie eine Armeisenkolonne aus dem Tresenbereich, schleppt Teller und Tassen mit einem Gewicht, das wahrscheinlich ihr Körpergewicht weit übertrifft, und schafft es trotzdem noch die schweren Platten an fröhlich herumirrenden Kinderscharen vorbei zu manövrieren. Der ganze Raum summt und brummt und die Schlacht ist in vollem Gange. 

[…]

Jetzt ist meine Chance: Ich krieche aus meiner Deckung hervor und gehe auf’s Ganze. Jetzt können Sie alles haben, was noch von mir übrig ist. Ich setzte an zum Gegenschlag. Mein »Guten Appetit« verstummt nicht, ich weiche nicht zurück. Jetzt hört man nur noch die glücklichen Seufzer: »Guck mal, Schatz, die Dame macht Herzen auf die Pfannkuchen!«. Der Menschen Herzen erweichen und auf dem Schlachtfeld reicht man sich die Hände. Mitleid – nein sogar wahre Zuneigung für meinen »fetten« und »heißen« Job machen sich breit. Die Leute danken. Und lächeln. Und gehen.

Sie gehen nach Hause in ihre Häuser und dann fragen sie sich: Habe ich das gerade erlebt?
Ja, am Ende sind sie alle fort.

Und wir tragen die Leichen davon. Die reglosen, zerpflückten Kadaver der anfangs doch so ansehnlichen Platten und die geräuberten und vergewaltigten Schälchen und Schüsseln – meine Kameradin und ich bringen sie in das Lazarett – die Schweinetonne – wo sie darauf warten, ihre letzten Stunden zu verwirken.

Und nachdem das Schlachtfeld bereinigt ist und wieder eine Wiese der Gemütlichkeit und Behaglichkeit hergestellt ist, gucken wir uns an und wissen, nächsten Sonntag beginnt sie auf’s Neue: Die Schlacht am kalten Buffet.

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